Stell dir vor, du sitzt bei deinem Steuerberater in Valletta, freust dich über deine clevere Malta-Struktur und plötzlich kommt das Wort „Mindeststeuer“ auf den Tisch. Seit ich hier lebe, habe ich genau diese Szene bei mindestens zehn Bekannten miterlebt. Die internationale Mindeststeuer ab 2025 – offiziell „Global Minimum Tax“ oder „Pillar Two“ genannt – wirbelt einiges durcheinander, was wir über Maltas Steuervorteile zu wissen glaubten.

Keine Panik, aber auch kein Ignorieren: Ich erkläre dir heute, was sich wirklich ändert, welche deiner Malta-Strukturen betroffen sind und vor allem, welche konkreten Schritte du jetzt gehen solltest. Denn eins ist sicher: Wer rechtzeitig plant, kann auch 2025 noch legal Steuern optimieren.

Was ist die internationale Mindeststeuer überhaupt?

Die internationale Mindeststeuer ist keine maltesische Erfindung, sondern kommt von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Das Prinzip ist simpel: Multinationale Unternehmen sollen weltweit mindestens 15% Steuern zahlen – egal, in welchem Land sie ihre Gewinne „parken“.

Die Grundregeln der Global Minimum Tax

Das System funktioniert wie ein Auffangbecken. Zahlt dein Unternehmen in Malta beispielsweise nur 5% Steuern, dann kann das Heimatland der Muttergesellschaft die fehlenden 10% nachfordern, um auf die 15% Mindeststeuer zu kommen. Die OECD nennt das „Income Inclusion Rule“ (IIR) – auf Deutsch: Einkünfte-Einbeziehungsregel.

Betroffen sind alle multinationalen Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Das klingt nach Großkonzernen, aber überraschend viele mittelständische Strukturen fallen darunter – besonders, wenn mehrere Gesellschaften in verschiedenen Ländern beteiligt sind.

Was Malta besonders macht

Malta hat jahrelang von seinem Refund-System profitiert: Ausländische Gesellschafter konnten sich 6/7 der gezahlten Körperschaftsteuer zurückholen, wodurch die effektive Steuerbelastung auf etwa 5% sank. Genau diese Strukturen stehen jetzt im Fokus der neuen Regeln.

Wichtig zu verstehen: Die Mindeststeuer zielt nicht darauf ab, Maltas Steuersystem zu zerstören, sondern aggressive Steuergestaltung einzudämmen.

Welche Malta-Strukturen sind betroffen?

Nicht jede Malta-Gesellschaft ist automatisch betroffen. Ich habe mit meinem Steuerberater eine Checkliste durchgegangen – hier die wichtigsten Punkte:

Strukturen im Risikobereich

  • Internationale Holdings: Malta-Gesellschaften, die Beteiligungen an Unternehmen in anderen EU-Ländern halten
  • IP-Strukturen: Gesellschaften, die Lizenzgebühren für geistiges Eigentum kassieren
  • Management-Gesellschaften: Malta-Firmen, die Dienstleistungen für Schwestergesellschaften erbringen
  • Trading-Unternehmen: Gesellschaften mit Handelstätigkeiten, die das Refund-System nutzen

Strukturen außerhalb des Fokus

  • Reine lokale Unternehmen: Malta-Gesellschaften ohne internationale Verflechtungen
  • Substanzreiche Betriebe: Unternehmen mit echten Aktivitäten und Angestellten in Malta
  • Kleinere Gruppen: Unternehmensstrukturen unter der 750-Millionen-Euro-Schwelle

Ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis: Marco, ein italienischer E-Commerce-Unternehmer, hatte seine Malta-Holding so aufgebaut, dass sie Dividenden aus Deutschland und Italien kassierte. Seine Struktur fällt definitiv unter die neuen Regeln, weil die Gesamtumsätze der Gruppe die Schwelle überschreiten.

Der Substanz-Test wird entscheidend

Malta führt ab 2025 strengere Substanz-Anforderungen ein. Das bedeutet: Deine Gesellschaft muss nachweisen können, dass sie echte wirtschaftliche Aktivitäten auf der Insel ausübt. Briefkasten-Strukturen werden es schwer haben.

Kriterium Alte Anforderungen Neue Anforderungen ab 2025
Geschäftsführung Nominell ausreichend Substanzielle Entscheidungen in Malta
Angestellte Nicht zwingend erforderlich Mindestens 2 qualifizierte Mitarbeiter
Büroräume Postfach oft akzeptiert Echte Büroräume mit Betrieb
Vorstandssitzungen Selten kontrolliert Regelmäßig und dokumentiert in Malta

Konkrete Auswirkungen auf deine Steuerplanung

Jetzt wird es praktisch. Was ändert sich konkret für dich, wenn du eine Malta-Struktur betreibst?

Steuerliche Mehrbelastung berechnen

Die Mathematik ist eigentlich simpel. Nehmen wir an, deine Malta-Gesellschaft zahlt aktuell effektiv 5% Steuern auf 100.000 Euro Gewinn – das sind 5.000 Euro. Ab 2025 müssen mindestens 15% erreicht werden, also 15.000 Euro. Die Differenz von 10.000 Euro kann entweder Malta kassieren oder das Land, in dem die Muttergesellschaft sitzt.

Malta hat bereits angekündigt, eine „Qualified Domestic Minimum Top-up Tax“ (QDMTT) einzuführen. Das bedeutet: Malta will diese zusätzlichen 10.000 Euro lieber selbst einsammeln, bevor ein anderes Land zugreift. Clever gedacht, aber für dich als Steuerzahler macht es keinen Unterschied.

Cashflow-Auswirkungen verstehen

Die größte Überraschung für viele: Die Steuer wird nicht nur rückwirkend berechnet, sondern muss auch zeitnah gezahlt werden. Das Refund-System funktionierte mit bis zu 18 Monaten Verzögerung – diese Zeiten sind vorbei.

Ein Bekannter von mir, Inhaber einer Malta-Holding mit deutschen Beteiligungen, musste seine Liquiditätsplanung komplett überarbeiten. Statt 50.000 Euro im Jahr sind nun 150.000 Euro Steuern fällig – und das ohne die gewohnte Rückerstattung.

Auswirkungen auf verschiedene Geschäftsmodelle

  • Lizenzgeschäft: Besonders betroffen, da oft wenig Substanz hinter hohen Gewinnen steht
  • Holdings: Dividenden-Weiterleitungen werden steuerlich anders behandelt
  • Trading: Handelsmargen unterliegen der vollen Mindeststeuer
  • Services: Dienstleistungsunternehmen können durch echte Substanz profitieren

Deine Handlungsoptionen ab 2025

Jetzt fragst du dich sicher: Was kann ich konkret tun? Hier sind deine Optionen, sortiert nach Aufwand und Wirksamkeit:

Option 1: Substanz in Malta aufbauen

Der naheliegendste Weg ist, echte Geschäftstätigkeiten nach Malta zu verlagern. Das bedeutet:

  1. Angestellte einstellen: Mindestens zwei qualifizierte Mitarbeiter, die echte Entscheidungen treffen
  2. Büroräume anmieten: Kein Postfach, sondern echte Arbeitsplätze
  3. Geschäftsführung verlagern: Wichtige Entscheidungen müssen in Malta getroffen werden
  4. IT-Infrastruktur aufbauen: Server, Systeme und Daten physisch in Malta

Diese Option funktioniert besonders gut für digitale Dienstleister und Tech-Unternehmen. Ein Software-Entwickler aus meinem Bekanntenkreis hat sein 15-köpfiges Entwicklerteam nach Sliema verlegt – für ihn rentiert sich Malta auch mit der Mindeststeuer.

Option 2: Steueroptimierung innerhalb der 15%

Auch mit 15% Mindeststeuer lassen sich legale Optimierungen umsetzen. Malta bietet weiterhin:

  • Keine Quellensteuer auf Dividenden bei EU-Beteiligungen
  • Großzügige Abschreibungsmöglichkeiten
  • Steuerfreie Veräußerungsgewinne bei Beteiligungen
  • Flexible Konzernfinanzierung

Option 3: Strukturanpassung oder Verlagerung

Manchmal ist eine komplette Neuausrichtung sinnvoller. Alternativen zu Malta:

Land Körperschaftsteuer Besonderheiten Mindeststeuer-Status
Irland 12,5% EU-Zugang, englischsprachig Nachzahlung von 2,5%
Ungarn 9% EU-Mitglied, niedrige Lohnkosten Nachzahlung von 6%
Estland 0% (auf einbehaltene Gewinne) Digitale Infrastruktur Komplex zu bewerten
Zypern 12,5% Ähnlich Malta, aber andere Substanz-Regeln Nachzahlung von 2,5%

Was bedeutet das für verschiedene Unternehmertypen?

Je nach deiner Situation ergeben sich unterschiedliche Strategien. Hier meine Einschätzung für die typischen Malta-Nutzer:

Für deutsche Unternehmer

Deutschland setzt die Mindeststeuer-Regeln besonders strikt um. Wenn du als Deutscher eine Malta-Holding betreibst, wird das deutsche Finanzamt die Differenz zur 15%-Steuer einfordern. Mein Rat: Rechne mit einer Mehrbelastung und plane entsprechend.

Beispielrechnung für eine deutsche Malta-Struktur:

  • Jahresgewinn Malta-Gesellschaft: 200.000 Euro
  • Bisherige Steuer (5%): 10.000 Euro
  • Neue Mindeststeuer (15%): 30.000 Euro
  • Mehrbelastung: 20.000 Euro jährlich

Für italienische Strukturen

Italien hat bereits ein strenges CFC-Regime (Controlled Foreign Company), daher sind viele Malta-Strukturen italienischer Unternehmer weniger betroffen. Trotzdem solltest du die neuen Substanz-Anforderungen prüfen.

Für digitale Nomaden und kleine Unternehmen

Gute Nachrichten: Wenn deine Struktur unter der 750-Millionen-Euro-Schwelle bleibt, greifen die Mindeststeuer-Regeln nicht. Für Einzelunternehmer und kleine GmbHs ändert sich erstmal nichts.

Für Investoren und Family Offices

Hier wird es kompliziert. Reine Holdingstrukturen ohne operative Tätigkeit haben es schwer, Substanz nachzuweisen. Überlege, ob eine Verlagerung in ein anderes EU-Land Sinn macht oder ob du echte Vermögensverwaltung in Malta aufbaust.

Praktische Schritte für die Umstellung

Genug Theorie – hier ist deine konkrete Checkliste für die nächsten Monate:

Sofort erledigen (bis Ende 2024)

  1. Struktur-Analyse: Lass von einem Steuerberater prüfen, ob deine Struktur betroffen ist
  2. Substanz-Check: Dokumentiere alle bestehenden Aktivitäten in Malta
  3. Liquiditätsplanung: Kalkuliere die zusätzliche Steuerbelastung für 2025
  4. Verträge prüfen: Schaue dir alle Dienstleistungsverträge zwischen verbundenen Unternehmen an

Bis März 2025 umsetzen

  1. Neue Buchhaltung: Stelle auf die neuen Reportinganforderungen um
  2. Substanz aufbauen: Stelle bei Bedarf qualifizierte Mitarbeiter ein
  3. Büroräume: Miete echte Geschäftsräume, falls noch nicht vorhanden
  4. IT-Systeme: Verlagere kritische Systeme nach Malta

Laufende Anpassungen ab 2025

  • Quartalsweise Steuervorauszahlungen einplanen
  • Substanz-Dokumentation laufend aktualisieren
  • Neue OECD-Guidelines verfolgen
  • Jährliche Struktur-Überprüfung durch Experten

Mein Tipp aus der Praxis: Beginne jetzt mit der Dokumentation. Das maltesische Finanzamt wird ab 2025 viel genauer hinschauen, wo echte Geschäftstätigkeiten stattfinden.

Zukunftsaussichten und Alternativen

Wie geht es weiter mit Malta als Steuerstandort? Meine Einschätzung nach zwei Jahren vor Ort:

Malta bleibt attraktiv für echte Geschäfte

Malta hat schnell auf die neuen Regeln reagiert und sein Steuersystem angepasst. Für Unternehmen mit echter Substanz bleibt die Insel attraktiv:

  • EU-Zugang ohne Brexit-Risiken
  • Englischsprachige Verwaltung
  • Qualifizierte Arbeitskräfte
  • Moderne Finanzdienstleistungen
  • Stabile politische Verhältnisse

Neue Geschäftsmodelle entstehen

Interessant sind die Unternehmen, die echte Aktivitäten nach Malta verlagern. Ein Bekannter hat sein Krypto-Trading-Desk komplett nach Valletta verlegt – mit 12 Angestellten und einer vollständigen Compliance-Abteilung. Für ihn rechnet sich Malta auch mit 15% Steuern.

Alternative Standorte im Vergleich

Falls Malta nicht mehr passt, hier die realistischen Alternativen:

  • Irland: Ähnliche Vorteile wie Malta, aber höhere Kosten
  • Niederlande: Excellent für Holdingstrukturen, aber komplexe Regeln
  • Luxemburg: Bewährt für Finanzstrukturen, sehr hohe Betriebskosten
  • Portugal: NHR-Programm noch nicht von Mindeststeuer betroffen

Mein Fazit: Malta ist nicht tot, aber es wird selektiver. Wer echte Geschäfte macht, kann weiterhin profitieren. Briefkasten-Strukturen haben ausgedient.

Häufige Fragen zur internationalen Mindeststeuer

Ab wann gilt die Mindeststeuer in Malta?

Die internationale Mindeststeuer gilt in Malta ab dem 1. Januar 2025 für Geschäftsjahre, die an oder nach diesem Datum beginnen. Unternehmen mit Geschäftsjahr vom 1. April bis 31. März sind beispielsweise erst ab April 2025 betroffen.

Gilt die 750-Millionen-Euro-Schwelle pro Gesellschaft oder Gruppe?

Die Schwelle gilt für die gesamte Unternehmensgruppe (konsolidiert). Auch wenn deine Malta-Gesellschaft nur 1 Million Euro Umsatz hat, aber zur einer größeren Gruppe gehört, können die Regeln greifen.

Kann ich meine bestehende Malta-Struktur retten?

Ja, durch Substanz-Aufbau. Wenn du echte Geschäftstätigkeiten, qualifizierte Angestellte und einen echten Geschäftssitz in Malta nachweisen kannst, funktioniert die Struktur weiterhin – nur eben mit 15% statt 5% Steuern.

Was passiert mit meinen bestehenden Steuerrulings?

Bestehende Advance Tax Rulings bleiben grundsätzlich gültig, müssen aber im Licht der neuen Mindeststeuer-Regeln neu bewertet werden. In vielen Fällen ist eine Anpassung oder Neubeantragung nötig.

Betrifft die Mindeststeuer auch Privatpersonen?

Nein, die Mindeststeuer gilt nur für Körperschaften in multinationalen Unternehmensgruppen. Als Privatperson mit maltesischer Steuerresidenz ändert sich erstmal nichts an deiner persönlichen Steuersituation.

Wie wird Substanz konkret gemessen?

Malta orientiert sich an den OECD-Guidelines: mindestens zwei qualifizierte Vollzeit-Angestellte, echte Büroräume, regelmäßige Vorstandssitzungen in Malta und nachweisbare Geschäftsentscheidungen vor Ort sind die wichtigsten Kriterien.

Kann ich die Mindeststeuer durch Verluste reduzieren?

Ja, Verluste aus anderen Ländern derselben Unternehmensgruppe können gegen die Mindeststeuer-Berechnung verrechnet werden. Das macht die Planung komplex und erfordert eine genaue Abstimmung aller Gruppengesellschaften.

Was kostet der Umbau meiner Struktur?

Das hängt vom gewünschten Substanz-Level ab. Für zwei Angestellte, Büroräume und Compliance rechne mit mindestens 150.000-200.000 Euro jährlichen Mehrkosten. Dafür sparst du dir aber die Verlagerung in ein anderes Land.

Gibt es Übergangsregelungen?

Malta gewährt eine Übergangszeit bis Ende 2025 für den Substanz-Aufbau. Bestehende Strukturen müssen aber bereits ab Januar 2025 die höheren Steuern zahlen, auch wenn die Substanz noch nicht vollständig aufgebaut ist.

Lohnt sich Malta überhaupt noch?

Für echte Geschäftstätigkeiten definitiv ja. Malta bietet weiterhin EU-Zugang, englischsprachige Verwaltung, qualifizierte Arbeitskräfte und eine moderne Infrastruktur. Mit 15% Steuern ist es immer noch günstiger als Deutschland (30%+) oder Österreich (25%).

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